Innen-S und Selbst-A

Beim Kreis lasen wir gestern das vierte Kapitel aus dem "Mit dem Wal schwimmen" über Innenschau und Selbstanalyse. Eine profunde spirituelle Übung, die zur täglichen Praxis gehören sollte. Wir sprachen länger über IS und SA - ^^ wohl beides Abkürzungen, an die wir uns nicht gewöhnen sollten - und relativierten und ergänzten einiges aus den Vorgaben des Wal-Autors. Ich wäre gespannt, hier zu lesen, was speziell die Anwesenden bewegte.

Kommentar schreiben

Kommentare: 8
  • #1

    C. macht den Anfang (Donnerstag, 05 Dezember 2024 09:16)

    Die "abendliche" Innenschau muss nicht ZWINGEND kurz vor dem Einschlafen gemacht werden - auch wenn einiges dafür spricht. Wenn man daraus zum Beispiel eine morgendliche Innenschau bezüglich des Vortages machen würde, dann wären die Tageseindrücke vom Vortag nicht mehr "frisch" genug, da schon eine Nacht der Eindrucksverarbeitung dazwischen liegen würde. Wäre dies aber die einzige Möglichkeit, so wäre das immer noch besser, als KEINE Innenschau. Im Verlaufe des Tages könnte man aber auch mehrfach oder einfach ergänzend bei einer sonstigen Meditationsübung in sich gehen und Innenschau betreiben.

    Mit der Aussage: "Ich mache den ganzen Tag Innenschau" sollte man aber die zeitlich versetzte Innenschau nicht aus seinem Programm streichen. Soweit ich weiß, ist die "abendliche" Innenschau auch eine Praxis der "Meister" - auch wenn das Ziel der Innenschau tatsächlich ist, dass wir auch im aktuellen Tagesgeschehen innenschaufähig werden/bleiben, ohne uns emotional oder gedanklich zu verwickeln. Die zeitliche Distanz zum Geschehen ermöglicht auch eine größere Distanz zu den AP-Impulsen und bleibt dadurch eine allen empfohlene Tagespraxis. Ein Offiziumbestandteil.

  • #2

    Linda (Freitag, 06 Dezember 2024 06:29)

    Ich finde das teilweise gar nicht so einfach. Wenn ich aus schlechter Laune heraus die Kassiererin anblöke, dann wird mir abends bei der InS und SeA (so gehts :-) ) sicherlich bewusst, dass das nicht richtig war. Aber es gibt Situationen, in denen bin ich einfach genervt von Jemandem. Und da rolle ich, zumindest innerlich, mit den Augen. Denke ich abends darüber nach, rolle ich weiter mit den Augen. Da ist also noch Luft nach oben..^^

  • #3

    RuFi (Freitag, 06 Dezember 2024 17:15)

    C. hat so ziemlich alles umrissen, was wir zu Innenschau besprochen haben.

    Ich möchte nur etwas hinzufügen - etwas, was schon Rabbi Katz dazu einmal sagte.


    Innenschau

    Einmal sagte Rabbi Jakov ben Katz zu seinen Schülern: "Dreistufig ist der Segen auf unserem Tagesgeschäft, wenn wir die allabendliche Selbstschau unserer täglichen Wirkung einüben. Auf der ersten Stufe geraten wir noch in den Sog des unheilsamen Geschehens, aber im Fallen merken wir es doch schon. Auf der zweiten Stufe machen wir kehrt, sobald wir merken, dass das Unheil sich anbahnt. Auf der dritten Stufe lassen wir es zum Unheil erst gar nicht kommen."

    Einer sagte: "Rebbe, wir wollen zu dir, auf die dritte Stufe!"

    Der Rabbi erwiderte: "Ach, Leutchen! Ich springe doch mit euch allen noch lange von einer auf die andre Stufe!"

  • #4

    K (Samstag, 07 Dezember 2024 13:37)

    Danke Clemens nochmal für die Zusammenfassung der Gesprächsinhalte beim letzten Kreis. Mich hat die Bemerkung noch länger beschäftigt, dass es nicht darum geht zu versuchen, möglichst alle Details des Tages zu beleuchten, was so gar nicht möglich ist, da wohl trotz eines solchen Bemühens sich noch Vieles unserer Aufmerksamkeit entzieht. Wichtig ist die Betrachtung zumindest der Ereignis-"Spitzen". Mir passiert es manchmal dass ich, mich in den Details "verlierend" einschlafe oder auch, dass ich vor lauter Müdigkeit, so "durchrausche". Bei Letzterem ercheint mir das Nachholen am nächsten Morgen, die bessere Möglichkeit.

  • #5

    K (Samstag, 07 Dezember 2024 13:38)

    zu #3: Danke für diese Geschichte, Ruth.

  • #6

    Diana (Sonntag, 08 Dezember 2024 12:27)

    Ich war zwar nicht beim Kreis dabei, konnte aber das Kapitel im Buch nachlesen. Innenschau und Selbstanalyse ist etwas, was mir sehr schwer fällt, seitdem ich das mache und machen muss ;-). Aber da gilt es einfach dranzubleiben.

    Innenschau und Selbstanalyse ist aus meiner Erfahrung etwas, was einen IMMER fordert – auch wenn man das vielleicht nicht immer bemerkt. Nur weil etwas phasenweise „gut geht“, heißt es nicht, dass es im Sinne der Übung effektiv ist. Nur weil etwas „schlecht“ funktioniert, heißt das nicht, dass es nichts bringt oder man erfolglos ist. Es ist wie beim Meditieren: „Schlechte“ Meditationen mit fehlender Konzentration, Schmerzen etc. bringen einen manchmal weiter als erlebte „gute“ Zustände. Aber es kann auch anders sein, es ist alles einfach sehr komplex, und jeder hat auf dem spirituellen Weg seine speziellen Herausforderungen.

    Es ist z. B. eine Herausforderung, trotz der Verbesserung bestimmter Persönlichkeits-Aspekte, „Erfolge“ durch diese Übung und die Entwicklung, immer wieder ganz genau hinzusehen und ein immer feineres und genaueres Gespür und Gewahrsein zu entwickeln. Diese immer weiter anzupassen, mitwachsen lassen und sich nicht mit den gleichen groben Werkzeugen von davor zu begnügen.

    Man könnte sich bei der Innenschau und Selbstanalyse auch Schwerpunkte setzen. Jack Kornfield beschreibt in dem Buch „Das weise Herz“ eine hilfreiche Möglichkeit. Er spricht vom „anhaftenden“, „ablehnenden“ und „unwissenden“ Persönlichkeitstypus. Dies analog zu den drei Haupt-Wurzeln des Leidens, nämlich Gier (Anhaftung), Hass (Ablehnung) und Verwirrung (Unwissenheit), die laut Buddhismus in in der Ausdifferenzierung alle unheilsamen Zustände verursachen. Diese Zustände gilt es zu transformieren, um Befreiung zu erlangen. Diese Persönlichkeitstypen sind natürlich nur als Hilfestellung gedacht und beschreiben Unterschiede in den Schwerpunkten und Tendenzen in uns, die wir aber alle haben. Der anhaftende Persönlichkeitstypus hat vor der Transformation viel mit Begehrlichkeiten, Haben-Wollen, Hunger nach etwas, Suche als Sucht zu tun. Der ablehnende Persönlichkeitstypus zeichnet sich durch Ablehnung der Erfahrung, strenge Urteile, Distanz, Bewerten und Kritik aus. Und der unwissende Persönlichkeitstypus ist voller Unsicherheit, Unruhe, Zweifel und Unentschiedenheit. Das, nur sehr grob mit eigenen Worten dargestellt, könnte man in der abendlichen InS und SeA als Hilfsraster nutzen.

    Erstaunlich finde ich das Phänomen, dass tage- oder wochenweise einem manchmal wenig auf- oder einfällt, obwohl wir den ganzen Tag tun und lassen. Interessant auch, dass einem nach Monaten oder Jahren mit dieser Übung auffällt, dass man offensichtliche Dinge überhaupt nicht betrachtet hat, den Elefanten im Raum, der die ganze Zeit herumgetrötet, völlig übersehen hat.

    Wenn man in der Innenschau abends noch mit ähnlichen Gedanken und Emotionen „kocht“, also noch verwickelt ist, ist nach meiner Erfahrung noch zu wenig Distanz da, um sie heilsam (mit Abstand) zu betrachten. Es könnte sogar sein, dass man diese Gedanken und Gefühle durch den Fokus darauf energetisch weiter nährt. Da kann es günstiger sein, das dann eher morgens oder vielleicht sogar einen Abend später mit zu machen. Aber nicht zu vergessen. Es geht bei der Übung ja darum, einen Beobachter zu „installieren“, jemand, der mit Distanz darauf sehen kann. Und in Anfangszeiten ist die notwendige Beobachtung (und Fortschritt) vielleicht nur die, dass man keine Distanz hat.
    ...
    Fortsetzung in #7

  • #7

    Diana (Sonntag, 08 Dezember 2024 12:28)

    Fortsetzung von #6:

    Es gibt einfach so enorm viele Ablenkungs- und Widerstandsmuster der AP, die sich dem Lichte der Aufmerksamkeit entziehen und so weitermachen möchten. Wichtig ist, diese tägliche Übung trotz und mit all den Widerständen und Hindernissen zu machen und zu betrachten, weil auch diese ein wichtiger Teil der Übung sind.

    Es geht natürlich bei der Innenschau und Selbstanalyse um das Erkennen lernen von uns selbst, unterscheiden lernen, was Selbst und Nicht-Selbst ist. Das ist eine langfristige und vielschichtige Aufgabe, da wir erst einmal unsere AP mit all ihren Stärken und Schwächen kennenlernen und so das Unreine vom Reinen scheiden lernen müssen. Und hier können wir in allem vom gröbsten Äußeren in unendliche Tiefen und Feinheiten vorstoßen, wo es immer noch Arbeit gibt. Das Mühsame daran sind die „Verklebungen“ zwischen den Körper, Gedanken, Vorstellen, Erwartungen, Gefühlen, Wünschen und dergleichen, weswegen es darum geht, durch die Betrachtung derselben einen Spalt Raum, einen Funken Licht dazwischen zu bekommen. Das ist anfangs so mühsam wie eine Tür aufzudrücken, die von jemand sehr Starkem zugehalten wird. Deshalb ist Innenschau und Selbstanalyse gleichzeitig auch ein wichtiges Training des eigenen Willens, Wollens, Kraft und Ausdauer. Wir müssen uns trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten dabei immer wieder vor Augen führen, dass es um unsere Befreiung geht, also das Ziel nicht vergessen, WOFÜR wir es tun. Frei werden von unheilsamen Gefühlen, Gedanken, automatisierten Reaktionsmustern, die wir über so viele Inkarnationen in uns verfestigt und entwickelt haben. Das bedarf Ausdauer und Beharrlichkeit, die sich aber nicht verkrampft. Denn WER will letztlich diese Befreiung? Das ist nicht die verwickelte und leidvolle AP, sondern unser Wahres Selbst in diesen Kleidern. Deswegen dürfen wir bei der Innenschau und Selbstanalyse auftretende Gefühle und Gedanken von „sich damit ins eigene Fleisch zu schneiden“, nicht trauen. Sie sind nicht von unserem Wahren Selbst, sondern das „Tier“ in uns, dass sich wehrt, seinem Herren gegenüberzutreten und ihm zu folgen.

    Diese Gedanken benennen auch Daskalos und Daniel Joseph explizit in dem Kapitel: Bei der Innenschau und Selbstanalyse nicht beim Träger unseres Wahren Selbst, unserer AP, hängen zu bleiben. Unsere AP „nur“ als einen dreifachen Spiegel (Körper, Gedanken, Gefühle bzw. die diesbezüglichen Körper) zu betrachten, mit dem wir in der Welt Erfahrungen machen. Anfangen, uns so erkennen zu lernen. Aber die Instanz, die lernt, da, wo die Erfahrungen eingeprägt werden, ist unser Wahres Selbst. D.h. unser Tun und Lassen in der Welt soll „nur“ Rückschlüsse auf den Entwicklungsstand unseres Wahren Selbst (da wo es verwickelt und entwicklungsbedürftig ist), geben. Wir dürfen uns aber mit diesen Hüllen nicht auf Dauer verwechseln. Aber das passiert lange in irgendeiner Form, und auch deswegen: Kontinuierlich Innenschau und Selbstanalyse machen.

  • #8

    Ruth Finder (Sonntag, 08 Dezember 2024 14:14)

    #6, #7: !!!