Die drei Säulen

 

Im zweiten Band der "Kreisgedanken" findet sich der Text "Die drei Säulen spirituellen Lebens", der zu den Schlüsselbetrachtungen über die Weg-Arbeit gehört.

 

Schlüsselbetrachtungen können einerseits persönliche Schlüsselbetrachtungen sein. Das wären Texte, die für einen einzelnen Leser besonders aufschlussreich sind. Das kann sogar im Laufe der Zeit und bei häufigerem Lesen wechseln.

 

Andererseits gibt es auch allgemeine Schlüsselbetrachtungen. Das sind dann Texte, die eben wesentliche spirituelle Informationen zu den Anschauungen der Weg-Arbeit transportieren.

 

 

Hier nun "Die drei Säulen spirituellen Lebens". Auf den folgenden Seiten finden sich dann weitergehende und ergänzende Überlegungen:

 

 

Alles, was in Summe den Planeten zerstört, muss auf persönlicher Ebene bis auf unschädliches Niveau heruntergefahren werden. (Ludwig Kirchhofen)

 

 

Im Alltagsleben hat das spirituelle Leben drei Säulen. Anders gesagt: Es gibt drei Bereiche, in denen sich unsere Spiritualität widerspiegeln muss und an deren ausgewogener Ausprägung und Gewichtung wir immer weiter arbeiten müssen. Das heißt, wir müssen alle drei Bereiche gleichmäßig entwickeln und keinen davon vernachlässigen. In der spirituellen Gemeinschaft wird hier von „Verwirklichung“ gesprochen. Ein Ende dieser Arbeit ist nicht absehbar.

 

Und wo kann, muss und soll sich unsere Spiritualität zeigen? Im Umgang mit uns selber, im Umgang mit den Menschen in unserem Umfeld und im Umgang mit der Welt.

 

Das erscheint zunächst wenig sensationell und auch wenn wir dann noch hinzufügen, dass alle Bereiche jeweils drei Ebenen haben, sind wir noch nicht von Neugier geschüttelt. Man darf aber wie praktisch immer davon ausgehen, dass ein leichtes Desinteresse oder gar Langeweile besteht, obwohl wir die vorangehende Information in keiner Weise abschließend durchdacht haben – wenn das überhaupt geht. Haben wir es aber nicht oder geht es gar nicht, woher kommen dann Desinteresse oder Langeweile? Wahrscheinlich sind das Widerstände der Alltagspersönlichkeit. Erinnern wir uns: Nicht-Wissen ist ein grundsätzlich behebbares Faktum. Nicht-Wissen-Wollen eine „Sünde“, die zu Leiden (karmischen Erweckungsversuchen) führt.

 

Schauen wir zuerst, welches die drei Ebenen sind. Klar, die drei Ebenen sind Gedanken, Emotionen und grobstofflicher Körper bzw. grobstoffliche Tat. Oder ein etwas anderer Ansatz, der die starke wechselseitige Bedingung von Gedanken und Emotionen berücksichtigt: Gedanken/Emotionen, Worte und Handlungen. Dabei sind Worte ein verbindendes Element, denn einerseits sind sie Inhalt und Ausdruck von Gedanken/Emotionen und andererseits sind sie, gesprochen oder geschrieben, schon Handlungen in der grobstofflichen Welt.

 

Doch unabhängig davon, welchen Ansatz wir wählen, können wir sehen, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf eine Vielzahl von Möglichkeiten lenken müssen, wenn wir nicht in Schieflage geraten wollen. Die für unsere karmische Beurteilung wichtigste Ebene ist aber die unterste Ebene, die Ebene der grobstofflichen Tat.1 Und warum? Weil wir nach dem tiefsten Abstieg und der weitestgehenden Verwicklung in die Materie unsere befreiende spirituelle Entwicklung quasi „von oben“ nach unten in die Welt hindurchsickern lassen und sie sich als krönender Abschluss auf der grobstofflichen Ebene offenbaren soll. Unsere Mission ist, Gott in die Welten der Trennung zu tragen – bis ganz hinab! Wie weit uns das gelingt ist Maßstab unseres Erfolges.

 

Und ohne allzu sehr ins Detail gehen zu wollen schauen wir einmal auf die drei Bereiche und stellen beispielhaft ein paar mögliche Punkte zusammen. Es wird schon dabei schnell deutlich, dass ein für viele Menschen geradezu traumatischer Begriff im Vordergrund spiritueller Verwirklichung steht – es ist der Begriff „Verzicht“. Etwas trösten mag hier die Tatsache, dass Verzicht zunächst gradueller Verzicht bedeutet. Also schrittweise Einschränkung mit dem Ziel, ganz zu verzichten. Dies entspricht auch dem Prinzip der Weg-Arbeit, obwohl es den Beschreitern des spirituellen Pfades auch gar nicht so selten gelingt, individuell unterschiedliche Arten von Fehlverhalten sofort und gänzlich zu unterlassen.

 

Im Umgang mit uns selber kann Verzicht beispielsweise Verzicht auf Drogen (zu denen auch Alkohol zählt) bedeuten. Weiter gefasst könnte man auch auf Kaffee verzichten. Man verzichtet also auf Dinge, die für einen selbst schädlich sind. Also vielleicht auch auf ungesundes Essen – was man freilich auf vielerlei Weise definieren kann. Oder man verzichtet auf Bewegungsmangel, was ja nicht nur Verzicht wäre, sondern umgekehrt auch Aktivität bedeuten würde. Laufen, schwimmen, Volleyball spielen, Gartenarbeit machen und so weiter. Wir können auch auf Stress verzichten, einen liebevollen, sanften Umgang mit uns selber pflegen, mal kürzer treten. Wir könnten darauf verzichten, uns selber zu belügen, wo immer wir dies tun. Wir können uns unangenehmen Wahrheiten stellen. Nur dann können wir sie akzeptieren oder ändern.

 

Im Umgang mit den Menschen in unserem Umfeld sind einige der fünf Silas eine gute Orientierungshilfe. Weitestmöglicher Verzicht auf Lügen, Stehlen2 und sexuelles Fehlverhalten. Dazu freundlicher, liebevoller, fairer, dienender Umgang mit unseren Nächsten. Verzicht darauf, unsere negativen Emotionen auszuleben, zu projizieren. Verzicht darauf, ständig das Drama zu suchen. Lieber das Drama leben, als gar nichts fühlen? Wie arm!

 

Im Umgang mit der Welt können wir uns Konsumverzicht groß auf unsere Fahne schreiben. Wieviel Leid verursachen wir bis in die letzten Winkel der Welt durch hemmungsloses und gedankenloses Konsumieren. Menschliches Leid, tierisches Leid, pflanzliches Leid, ja sogar sozusagen „mineralisches Leid“ durch Raubbau und sinnlose Verschwendung und Vernichtung von unersetzlichen Bodenschätzen. Und neben dem Konsumverzicht soll der Verzicht auf unüberlegtes, nicht im globalen Gesamtzusammenhang gesehenes Fortpflanzungsverhalten nicht vergessen werden. Das wäre die Übertragung des Gebotes vom Verzicht auf sexuelles Fehlverhalten aus dem individuellen und zwischenmenschlichen Bereich auf die Welt. Weitere Einzelheiten zu benennen, würde hier den Rahmen sprengen. Wir sind auch an anderer Stelle schon darauf eingegangen.

 

Doch soviel sei gesagt: Da es aufgrund der Größe der Welt eine schier unendliche Vielzahl von schädlichen Wirkungsmöglichkeiten gibt, entziehen wir uns ihnen ohnehin am besten durch konsequenten und möglichst umfassenden, alle Aspekte unseres Alltagslebens berührenden Verzicht, denn wenn wir das tun, brauchen wir Details garnicht mehr zu wissen.

 

1Vergleiche Matthäus 7,17-20: So bringt jeder gute Baum gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt schlechte Früchte. Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen. Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Darum: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. (Luther 1984)

2Unter Stehlen können wir auch das Stehlen von Zeit und Energie verstehen. Auch das Verführen zu nicht förderlichen Handlungen ist eine Form von Diebstahl.